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deutsche Mann indeß, der sich bloß zum Kriege geboren glaubte, hielt
den Ackerbau für eine knechtische Arbeit, und suchte durch Kauf und
Raub Leute zu erhalten, die ihm sein Feld bestellten. Besonders wur-
den die Kriegsgefangenen dazu benutzt; oft auch Schuldner, die nicht
zahlen konnten. Diese hingen ganz von dem Willen ihres Herrn ab.
So entstand die Leibeigenschaft, die mit Recht jetzt überall aufge-
hoben wird.
Die Deutschen an der Donau und am Rhein waren schon
früh zur christlichen Religion übergetreten, die im mittlern und
nördlichen Deutschland wohnenden aber noch dem Heidenthum erge-
den. Ihren Göttern brachten sie sogar grausame Menschenopfer. Da
erweckte Gott fromme Männer, welche den heidnischen Deutschen die
frohe Botschaft des Heils bringen sollten. Sie kamen aus Ir-
land, wo das Christenthum schon tief Wurzeln gefaßt hatte. Es ist
rührend zu lesen, wie diese Männer mitten im kriegerischen Gewühle
der Völker, still und friedlich, das Kreuz und das Evangelium in der
Hand, dnrch die deutschen Wälder wanderten und die Lehre des Erlö-
sers verkündeten; wie sie im Vertrauen auf Gott den größten Gefah-
ren des Lebens muthig entgegen gingen.
n.
Der ausgezeichnetste unter allen Bekehrern jener Zeit war der
fromme englische Mönch Winfried, wegen seiner großen Verdienste
nachher Bonifacius (Wohlthäter) genannt. Schon in früher Ju-
gend erfüllte seine Seele der feurige Wunsch, im Weinberge des Herrn
zu arbeiten. und den Heiden das Wort des Lebens zu verkünden. In
einem Kloster bereitete er sich zu dem heiligen Geschäfte vor. Dann
verließ er mit Genehmigung seines Abtes den einsamen Ort, und ging
nach Rom, um sich vom Papste zu seinem edlen Werke einweihen zu
lassen. Nun reifete er nach Fries land und arbeitete an der Bekeh-
rung der heidnischen Landesbewohner drei Jahre lang. Von hier
wandte er sich nach Thüringen und predigte das göttliche Wort mit
wunderbarem Erfolge. Aus allen Gegenden drängten sich die Heiden
zu ihm, um sich taufen zu lassen. Auch legte er mehrere Klöster
und Schulen an, damit sich dnrch sie nach und nach mehr Bildung
über das rohe Deutschland verbreiten möchte. Als er darauf das
zweitemal nach Rom kam, ernannte ihn der Papst, zur Belohnung
seines apostolischen Eifers, zum Bischof in Deutschland. Von
Rom begab er sich zurück nach Hessen und Thüringen, lehrte und
predigte überall das Wort Gottes und zertrümmerte die Götzenbilder.
Bei Geismar in Hessen stand eine uralte, dem Donnergotte gehei-
ligte Eicke, unter welcher die heidnischen Bewohner dieser Gegend zu
opfern pflegten. Wie nun der heilige Mann erfuhr, daß dieser Baum
für unverletzlich gehalten wurde, legte er, um den Aberglauben zu zer-
stören, die Axt an denselben. Erschrocken standen die Heiden umher
und blickten bald nach dem Apostel, bald nach dem Himmel, ob ihre
Götter keine Blitze auf den Frevler herabschleudern würden. Als aber
die Eiche zusammenkrachte und der Himmel ganz heiter blieb, so ent-
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Der Wandersmann nahm Alles wohl zu Herzen und überlegte
sorgfältig bei jedem Fortschritt und Abwege die Worte und Bezeichnung
seines freundes. So schritt er rüstig vorwärts; aber je weiter er
kam, desto höher thürmten sich die Felsen, und der Weg schien sich
zu verlieren in dem einsamen, langen Geklüfte. Da entsank ihm der
Muth; er blickte ängstlich zu den hochragenden, grauen Felsen hinauf
und rief: Es ist für einen Menschen unmöglich, solche rauhe Bahn
zu wandeln und dieß steile Geklüft zu ersteigen. Dazu gehören Ad-
lersflügel und die Füße der Gemse!
Schon wandte er sein Angesicht und gedachte des Weges, den
er gekommen war. Da rief ihm eine Stimme zu: Fasse Muth und
folge mir! Als er sich umwandte, erblickte er vor sich zu seiner
großen Freude die Gestalt des Mannes, der ihm den Weg beschrieben
hatte; er sah ihn zwischen Klüften und Abgründen und rauschenden
Bergwassern ruhig und sicher einher wandeln. Solches gab ihm Ver-
trauen, und er schritt eben so rüstig ihm nach. Eh' es Abend war,
hatten sie das Gebirg erstiegen, und ein liebliches Thal, wo Myrten
und Granatbäume blühten, empfing sie am Ziele der Wallfahrt.
Da dankte der fröhliche Wandrer seinem Führer, und sprach:
Wie soll ich dir vergelten? Du hast mich nicht bloß auf den rechten
Weg geleitet, sondern mir auch Muth und Kraft gegeben, ihn zu
wandeln.
Darauf antwortete jener: Nicht doch; bin ich nicht ein Wandrer,
wie du? Und bist du nicht derselbe, der du warst? Du hast nur im
Vertrauen auf mich dich selbst und deine verborgene Kraft erkannt.
Krummache r.
48. Der Wiedergenesene.
Ein reicher Jüngling zu Rom hatte krank gelegen an einem
schweren Uebel; endlich genas er und ward gesund.
Da ging er zum erstenmal hinaus in den Garten und war wie
neu geboren. Er wandte jetzt sein Antlitz gen Himmel und sprach:
O du Allgenugsamer, könnte ein Mensch dir Etwas vergelten, wie
gerne wollte ich alle meine Habe geben.
Solches hörte Hermas, genannt der Hirte, und sprach zu dem
reichen Jüngling: Von oben kommt die gute Gabe; dahin vermagst
du Nichts zu senden. Komm, folge mir.
Der Jüngling folgte dem frommen Greise, und sie kamen in
eine dunkle Hütte, daselbst war eitel Jammer und Elend; denn der
Vater lag krank, und die Mutter weinte, die Kinder aber waren
nackend und schrien nach Brot.
Da erschrack der Jüngling. Hermas aber sprach: Siehe hier
einen Altar für dein Opfer! Siehe hier des Herrn Brüder und
Stellvertreter!
Da that der reiche Jüngling seine Hand über sie auf und gab
ihnen reichlich und pflegte den Kranken. Und die erquickten Armen
.segneten ihn und nannten ihn einen Engel Gottes.
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kein Raum mehr bleibt, den das Wasser nicht einnähme, so mußte die
Straße durch den Berg gegraben werden. Dieß ist das Urner Loch,
200 Fuß lang, 12 Fuß hoch und eben so breit. In dem Dorfe Hos-
pital, das man gegen Abend erreicht, wird übernachtet. Von hier aus
erreicht man in drei Stunden weiter aufwärts das Hospiz, welches in
einem Felsthal liegt, das von vielen hervorragenden Felsspitzen einge-
schlossen wird. Dann gehts nach der italienischen Seite hinab, steiler,
als man heraufgekommen. Man gelangt in das enge Thal des Tes-
sin anfangs über Schneefelder und durch Tannenwälder; aber sobald
sich das Thal erweitert, sieht man überall Kastanienbäume und freund-
liche Dörfer mit Weinreben.
Hi.
Ein zweiter bemerkenswerther Berg ftst der große St. Bern-
hard, über den Napoleon im Jahre 1800 mit einem Heere zog.
Hier gewährt ein von Mönchen bewohntes Kloster den Reisenden gast-
freie Aufnahme. Diese edlen Menschenfreunde durchwandern die ganze
Gegend, zumal wenn Sturm und Unwetter hereingebrochen sind und
suchen die Ermatteten, die Verirrten, die Erstarrten, die Verschütteten
auf, um ihnen rettende Engel zu werden, oder die Todten in das kühle
Bett der Erde zu legen. —
Schon viele Jahre her bedienen sie sich zur Rettung der Unglück-
lichen besonders abgerichteter Hunde, welche entweder allein ausgehen
oder die Mönche begleiten. Sobald einer derselben einen Verunglück-
ten aufgefunden hat, kehrt er im schnellen Lause zu seinem Herrn zu-
rück und gibt durch Bellen, Wedeln und unruhige Sprünge seine ge-
machte Entdeckung kund. Oft hängt man diesen Hunden ein Fläsch-
chen mit stärkenden Getränken und ein Körbchen mit Brot um den
Hals, um es einem schwachen, ermüdeten Wanderer, der nicht mehr
weiter kommen konnte, zur Erquickung und Stärkung darzubieten.
Bekannt ist unter diesen Hunden einer, Namens Barry, der 12 Jahre
lang nnermüdet war im Dienste der Menschheit und allein mehr als
40 Menschen gerettet hat. Sein Eifer hierbei war außerordentlich.
Sobald gefährliche Witterung sich einstellte, hielt ihn Nichts mehr im
Kloster zurück; rastlos bellend strich er umher, um einen Sinkenden zu
erfassen oder einen Verschneiten hervorzufcharren. Einen erstarrten
Knaben beleckte er so lange, bis derselbe zu sich kam und sich ihm end-
lich auf den Rücken schwang. Alt geworden sandte ihn der Prior nach
Bern, um für den Rest ferner Tage ihm Ruhe zu gönnen. Nach sei-
nem Tode wurde seine Hülle ausgestopft und in dem Museum der
Naturgeschichte zu Bern aufgestellt, wo ihn jetzt noch jeder Reisende
mit semer Flasche und seinem Halsbande sehen kann. Merkwürdig ist
es, daß die Leichen der Verunglückten viele Jahre in einer dazu be-
ftimmteu Halle ausgestellt bleiben können, ohne zu verwesen, oft ohne
nur im mindesten entstellt zu sein.
Welche Gefühle mögen den Wanderer durchbeben, wenn er das
Kloster glücklich erreicht hat und in diese schauerliche Stätte des To-
des tritt?!
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Aber Kämmerer dachte: Gewiß liegt draußen ein Mensch, der
schnell der Hilfe bedarf. Eilig ging er nach Hause, weckte seinen Sohn,
und ging mit diesem nach dem Walde zu. Immer noch hörten sie
das Wimmern; sie suchten und suchten und fanden endlich einen
Greis, der sich verirrt hatte und im Schnee ganz erstarrt da lag.
Es ist ein Filter Bettler'/' sagte der Sohn, „und er ist
schwer". —
„Deute an den barmherzigen Samariter! erwiederte der Vater.
„Er ist ein Mensch, wie wir!
Sie luden den erstarrten Greis aus die Schultern, brachten
ihn in ihre Hütte, rieben ihn mit Schnee, und hatten die Freude,
den alter: Mann in das Leben zurückzubringen.
Dieser erholte sich so schnell, daß er am andern Morgen seine
Reise fortsetzen konnte. Er war arm und konnte nur mit einem
Händedruck danken. Dem • braven Nachtwächter war dieß genug.
38. Flitz Oberlin.
Eine Bauersfrau saß zu Straßburg auf dem Marktplatze und
hielt Eier feil.! Drei muthwillige Knaben kamen daher gerannt,
stießen wider den Korb und warfen ihn um. Nun liefen sie lachend
davon. Der kleine Oberlin sah den bösen Streich mit an. Er be-
dauerte die Frau, welcher Thränen in den Augen standen. .Sogleich
lief er nach Hanse und holte seine Sparbüchse. Als er wieder auf
den Marktplatz kam, saß die Frau noch da und weinte still. Da
schüttete er ihr all sein Geld in die Schürze und lief fort. Die
Frau konnte ihn: nicht einmal danken., Fritz Oberlin hat später
als Pfarrer im Steinthale bei Straßburg noch viel Gutes gewirkt.
39. Der Lebensretter.
Am 17. Februar 1850 fuhr das Dampfschiff „Telegraph" von
Bremerhaven nach Bremen an der Weser zurück. In der Nähe von
Rönnebeck ließen sich zwei Reisende, eine ältere Frau mit ihrem
Bruder, in einem Nachen nach dem Dampfschiff bringen, um mit
nach Bremen zu fahren. Bei dem starken Strom und dem hohen
Wasser gerieth der Nachen unter den Radkasten des Danlpfschiffes
und schlug um. Der Fährmann und der obengenannte Bruder ret-
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